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Hausaufgaben (Basis)
HAUSAUFGABEN – Kampf oder Beziehung
Verstehen
Hausaufgaben sind kein Lernproblem, sondern eine Frage von Beziehung und System. Kinder verweigern selten Mathe oder Deutsch direkt, sondern den Druck dahinter. Ihr Gehirn ist noch nicht bereit für stundenlanges Sitzen, Zuhören oder Aufgaben abarbeiten. Konzentration, Frusttoleranz und Verantwortung entwickeln sich erst mit der Zeit. Doch die Schule fordert Leistung, Anpassung und Funktionieren:
Still sitzen, obwohl sie aufspringen wollen.
Aufgaben machen, obwohl der Kopf woanders ist.
Lernen, was ihnen nichts bedeutet.
Nicht auf die Toilette dürfen, obwohl sie müssen.
Schweigen, obwohl sie etwas sagen wollen.
Aufgaben erledigen, die keinen Sinn haben und bei denen sie nicht mitentscheiden dürfen.
Das macht Kinder müde, leer, wütend. Sie kämpfen nicht gegen das Lernen, sondern gegen den Druck, dass ihr Wert an Noten hängt und ihnen vorgeschrieben wird, was, wann und wie sie lernen sollen. Manche kämpfen zudem gegen Hürden wie LRS, Dyskalkulie, ADHS, Angst oder Überlastung. Mehr Druck hilft hier nicht – stattdessen braucht es weniger Menge, andere Formen und klare Absprachen mit der Lehrkraft.
Eltern entscheiden, welche Botschaft ihr Kind mitnimmt:
Bin ich sicher, auch wenn ich etwas nicht kann?
Bin ich okay, auch wenn ich scheitere?
Bleiben Mama/Papa meine Verbündeten oder werden sie der verlängerte Arm der Schule?
Orientierung
Szene: Dein Kind sitzt vor der Aufgabe. Starrt. Weint. Schreit. Träumt weg. Du wirst streng, laut, hilflos. Du denkst: „Es strengt sich nicht an.“ Du sagst: „Konzentrier dich endlich.“ Im Kind klingt das: „Ich kann das nicht. Ich bin dumm. Ich schaff das nie. Warum versteht mich keiner?“ Kinder trennen nicht zwischen „etwas nicht können“ und „falsch sein“. Sie hören ständig: Fehler, Fehler, Fehler. Ihr Fokus bleibt am Scheitern hängen, und das verstärkt sich im Kopf.
Lösung: Sei ein Spiegel, kein Antreiber. Stelle Fragen, die deinem Kind helfen, sich selbst zu verstehen:
Kind: „Ich kann mich nicht konzentrieren.“
Du: „Gibt es etwas, bei dem du stundenlang drin versinken kannst?“
Kind: „Ja.“
Du: „Was ist da anders?“
Kind: „Weil ich da Bock drauf hab und in der Schule nicht.“
Du: „Siehst du – kein Konzentrationsproblem. Das ist ehrlich. Das ist menschlich.“
So lernt dein Kind: „Ich bin nicht falsch. Ich kann mich konzentrieren – nur nicht auf Dinge, die mich nicht interessieren.“ Das stärkt den Selbstwert.
Fühlen
Was macht Hausaufgabenzeit mit dir?
Fühlst du Druck, Wut, Hilflosigkeit, Angst?
Wo spürst du es? Kloß im Hals, Anspannung im Kiefer, Druck im Brustkorb oder Kopf?
Welche Gedanken laufen?
„Ich will, dass es klappt, damit Ruhe ist.“
„Warum hört es nicht auf mich?“
„Ich muss dafür sorgen, dass es fertig wird.“
„Wenn es nicht lernt, hab ich versagt.“
„Wenn es so weitergeht, wird nie was aus ihm.“
„Wenn es Ärger in der Schule bekommt, bin ich schuld.“
„Vielleicht meldet sich irgendwann das Jugendamt.“
Was steckt dahinter?
Druck: Weil du Ruhe brauchst und glaubst, alles richtig machen zu müssen, damit dein Kind nicht scheitert.
Wut: Weil du alles gibst, aber es nicht reicht. Weil du die Kontrolle verlierst.
Hilflosigkeit: Weil nichts funktioniert, obwohl du alles versucht hast.
Angst: Weil du denkst, das Scheitern deines Kindes ist dein Scheitern. Tief drunter: die Angst, nicht geliebt zu werden, wenn du es nicht „richtig“ machst.
Muster
Wie gehst du mit diesen Gefühlen um?
Immer wieder erklären, in der Hoffnung, es versteht.
Dich wiederholen, weil dir nichts einfällt.
Laut werden, weil du dich hilflos fühlst.
Drohen oder Strafen, obwohl du das nicht willst.
Aufgeben, weil keine Kraft mehr da ist.
Das tust du, um die Situation zu retten, Ruhe zu haben, Kontrolle zu spüren. Nicht aus Lieblosigkeit, sondern weil es dich fertig macht, zu versagen.
Wunde
Warum ist das so schlimm?
Weil du gelernt hast, nur etwas wert zu sein, wenn du alles richtig machst.
Weil du glaubst, die Leistung deines Kindes zeigt, ob du gut genug bist.
Weil du Angst hast vor Bewertungen, Vorwürfen, Gesprächen mit der Schule.
Weil du fürchtest, andere könnten denken: „Du kannst dein Kind nicht begleiten. Du bist nicht genug.“
Tief drunter: die Angst, allein zu sein, und die Sehnsucht, dass jemand sagt: „Du bist gut, auch wenn nicht alles klappt.“
Transformation
Hausaufgaben sind kein Test, sondern ein Spiegel. Du musst sie nicht lösen – du musst da sein. Dein Kind braucht dich als sicheren Menschen, nicht als Lehrer. Werde nicht Teil des Drucks, gegen den es kämpft.
Was hilft?
Gib Wahlmöglichkeiten: „Willst du mit Mathe oder Deutsch anfangen?“ „Welche Aufgabe zuerst?“ „10 Minuten arbeiten, dann Pause?“ Kinder kooperieren, wenn sie mitentscheiden dürfen.
Sei ehrlich: „Ja, Hausaufgaben sind oft Mist. Ja, sie machen müde. Ja, das System will, dass du funktionierst. Ich sehe das. Damals hat es für mich auch keinen Sinn ergeben.“
Erkläre, warum: „Damit du weißt, was los ist. Damit du nicht denkst, du bist falsch. Oft ist die Aufgabe sinnlos, nicht du.“
Frag dein Kind: „Wie geht’s dir damit? Was macht das mit dir? Was brauchst du von mir?“
So fühlt sich dein Kind sicher. Hausaufgaben werden kein Kampf zwischen euch.
Praktische Tipps
Haltung: „Es geht nicht um Hausaufgaben, sondern um Verbindung.“ Fragt: „Wie kriegen wir’s hin, dass es leichter wird?“
Spielerisch gestalten: Aufgaben mit verstellten Stimmen vorlesen, als Detektive arbeiten, Rechnen im Rap-Beat.
Eigenen Sinn finden: Wenn der Stoff keinen Sinn macht, gestaltet Überschriften schön, ordnet farblich, macht ein kleines Kunstprojekt.
Ehrlichkeit: „Ja, vieles ist langweilig. Ich mag’s auch nicht. Aber wir ziehen das zusammen durch.“
Stopp-Zeit setzen: Danach Schluss, auch wenn’s nicht fertig ist. Schlaf und Erholung sind Pflicht.
Pausen: 5 Minuten Arbeit, 2 Minuten Bewegung – Biologie, kein Trick.
Kein übertriebenes Lob: Nicht „Toll gemacht!“, sondern „Ich seh, dass du’s probiert hast. Ich weiß, wie schwer das ist.“
Verbunden bleiben: Hand auf die Schulter, zusammen atmen, stille Nähe.
Essenz
Hausaufgaben müssen gemacht werden, weil die Schule sie vorgibt. Entscheidend ist, wie ihr damit umgeht. Dein Kind braucht Respekt, Ehrlichkeit, Sicherheit. Sprich mit ihm auf Augenhöhe, ohne Machtspiel. Hör zu, dräng nicht. Es muss spüren:
„Ich bin geliebt, auch wenn ich etwas nicht kann.“
„Ich bin sicher, auch wenn ich scheitere.“
„Ich bin wertvoll, egal was auf dem Papier steht.“